Herbert Tichy: „Afghanistan“ – Das Tor nach Indien

Die wechselvolle Geschichte Afghanistans ist geprägt von inneren Kämpfen und äußeren Versuchen der Einflussnahme. Sie war selten über lange Zeiträume friedlich und zeigt auch den unglaublich starken Freiheitswillen seiner Bewohner. Das war im 17. Jahrhundert so und hat sich seither offensichtlich wenig verändert. Herbert Tichy, 1912 in Wien geborener Reiseschriftsteller, Journalist und Photograph hat sich unter dem Eindruck seiner Bekanntschaft mit dem Land und seinen Bewohnern, die er Mitte der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts macht, mit diesen wechselvollen Ereignissen beschäftigt und erzählt diese Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes – spannend, mit Anteilnahme und vor allem als Erlebnisse der Menschen. Auch wenn Afghanistan als zusammenhängender Staat erst 1747 unter Ahmed Schah gegründet wurde, war der Landstrich auch zuvor eine sehr dynamische Region: Beginnend mit den großen Völkerwanderungen, der Heimstadt des Zoroaster über Darius und Alexander, den Buddhismus und den Islam bis zu Dschingis Chan ist das heutige Afghanistan bedeutsam und wird in der Kolonialzeit zum strategischen Raum in den Gebietsansprüchen der Supermächte  - damals England mit seinem indischen Reich und Russland. Bemerkenswert sind Tichys Befunde, wie etwa jener, dass die Afghanen „vielleicht die frömmsten und fanatischsten Anhänger Mohammeds sind, die es in Asien gibt“. Berührend sind seine Schilderungen Afghanistans abseits des Kriegs, repräsentiert in einem kleinen Dorf, „das in einem tief eingeschnittenen Tal dahinträumt, ... wo die Natur die kahlen Berge mit den herrlichsten Farbtönen malt“.

Die Akteure haben sich etwas verändert, die Geschichte zeigt, dass die internen und extern beeinflussten Auseinandersetzungen geblieben sind. Afghanistan, heute mehr zerrüttet denn je, mit wenig Hoffnung auf einen baldigen Frieden, lässt sich vielleicht ein wenig besser durch den Verlauf verstehen, den seine Geschichte über die Jahrhunderte genommen hat und die, wie Tichy zeigt, ein beharrlicher Kampf um den Erhalt der Freiheit war. Tichys Abriss endet 1940. Nahostexpertin Gudrun Harrer, leitende Redakteuring der Tageszeitung „Der Standard“, führt daher in einer aktuellen Analyse den Bogen der Entwicklung bis zum Beginn des Jahres 2010.

Die Neuauflage als viertes Projekt der Edition Sonnenaufgang möchte einen kleinen Beitrag zum besseren Verständnis der derzeitigen Lage in Afghanistan aus einer anderen Perspektive leisten - Geschichte auch als Erlebnisse der Menschen. Die Illustrationen von Herwig Zens zu ausgewählten Originalphotos bilden den besonderen Blickfang dieser Neuauflage.

Zu Herbert Tichy
Geboren 1912 in Wien in gutbürgerlichen Verhältnissen studiert Herbert Tichy Geologie und schreibt seine Dissertation über den Himalaya. Damit findet er eine prächtige Gelegenheit längere Zeit in dieser ihn so faszinierenden Weltgegend zu verbringen. Von seiner ersten großen Reise mit Max Reisch nach Indien mit dem Motorrad 1933 bis zu seinem letzten längeren Aufenthalt in Nepal bei dem österreichischen Architekten Götz Hagmüller in Bakhtapur 1982 bereist er nicht nur Asien sondern auch Afrika und Alaska. Herbert Tichy stirbt 1987 kurz nach seinem 75. Geburtstag in Wien und ist am Waldfriedhof in Kaltenleutgeben begraben. Er wäre heuer 98 Jahre alt geworden.                                   

 

Herbert Tichy: „Afghanistan“ – Das Tor nach Indien 
 
Edition Sonnenaufgang/Verena Kienast
1. Neuauflage, Edition Sonnenaufgang, Wien 2010  
ISBN: 978-3-9501591-4-1, Preis: 24.20
                                                                                                         

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